Harte Arbeitswochen
Von Montag bis Samstag verließen sie im Morgengrauen ihre Häuser oder Wohnunterkünfte in den Nachbarortschaften und marschierten zu Fuß oder radelten zur jeweiligen Baustelle. Da die örtlichen Arbeitslosen nicht ausreichten, brachten täglich zwei Busse der Firma Paril Arbeiter aus dem Gemeindebereich Kipfenberg nach Böhmfeld und Hitzhofen.
Pünktlich um 7.00 Uhr war Arbeitsbeginn – bei jedem Wetter. Kapo Zehetbauer teilte die Arbeit zu und beaufsichtigte sie. Jeder der annähernd 100 Arbeiter musste mit dem schlechten Nachkriegswerkzeug („die Schaufeln und Spaten verbogen sich schnell“) pro Tag 6 Meter Leitungsgraben ausheben. „Der Kapo lief den ganzen Tag die 600 Meter hin und her und schaute nach, ob jeder seine Arbeit richtig machte“, erinnert sich Franz Meyer. Streng und akkurat sei auch der Dipl. Ing. Theilig gewesen, der die Oberaufsicht innehatte. Für die Hausanschlüsse hatte jeder Arbeiter täglich einen Graben von 8 Metern Länge, 1 ½ Meter Tiefe und einen halben Meter Breite auszuheben. Die Anzahl der täglichen Arbeitsstunden richtete sich nach der Bodenbeschaffenheit, die sich als recht unterschiedlich herausstellte. So berichtete Schulleiter Kölbl, dass in Lippertshofen „im oberen Dorf“ hauptsächlich Sand und Lehm zum Vorschein kamen, während man vor allem beim Dorfausgang zur Eitensheimer Straße hin auf harte Felsmassen stieß, die einzeln mühsam herausgesprengt werden mussten.
Gefährliche Sprengung
Dazu passt auch die folgende Erzählung von Anton Zeller sen., der damals bei den Rohrgrabungsarbeiten in Lippertshofen mitarbeitete und später als Kassier für den Wasserzweckverband tätig war:
„Bei der Verlegung der Rohrleitung in Lippertshofen stießen wir auf felsigen Untergrund. Ein Weiterarbeiten mit den herkömmlichen Arbeitsgeräten war nicht mehr möglich, so dass sich die Bauleitung an einen Sprengmeister in Gaimersheim wandte. Dieser dimensionierte die Sprengladung allerdings so stark, dass die gesprengten Felsteile mehrere Meter in die Höhe geschleudert wurden und beim Herabfallen die Dachziegel eines angrenzenden Rohbaus durchschlugen. Gottseidank lagerten im Rohbau noch übrige Dachziegel, so dass wir die beschädigten Ziegel sofort auswechseln konnten und der Bauherr unser Missgeschick gar nicht bemerkte.“
Rohrverlegung ohne Sandbett
Ebenso mühselig und kräfteraubend wie das Graben war das Rohrverlegen. 2000 Stahlgussrohre mit einer Länge von jeweils 6 Metern und einem Gewicht von je 6 Zentnern wurden unter Regie der Firma Gebrüder Abt aus Mindelheim weitgehend in Handarbeit unter die Erde gebracht. Diese Firma besaß einen amerikanischen Dodge-Zweiachser, der das Kleinmaterial, aber auch das Bier für die Arbeiter herbeischaffte.
Das Verlegen der riesigen Gussrohre bezeichnet Franz Meyer als einfach: Ein starkes Seil wurde durchgezogen, zwei kräftige Männer je einer an jeder Seite wuchteten die schweren Rohre in die Gräben, wo zwei Kollegen sie mit großen Hölzern und viel Geschick in die richtige Position bugsierten. Jetzt waren die Druckprüfer an der Reihe, alle 100 Meter wurde auf der Riesenbaustelle geprüft. Auf ein Sandbett für die Rohre und auf das Einstampfen des Grabenverfüllmaterials verzichtete man – ein verhängnisvolles Versäumnis, wie sich 30 Jahre später zeigen sollte. Das Einfüllen der Rohrgräben („die leichtere Arbeit“) war Aufgabe der 50- bis 60-jährigen.
Metzgermeister Pauleser als Herkules und Transporteur
Gestapelt waren die mächtigen Rohre am Ortsausgang von Hofstetten in Richtung Böhmfeld, auf dem heutigen Erdbeeracker von Landwirt Krieglmeyer. Die Formstücke lagerten am Ortsausgang von Hitzhofen in Richtung Hofstetten, und die Rohre für die Hausanschlüsse am Dorfplatz in Böhmfeld. Zum Verlegen in die jeweiligen Rohrgräben wurden sie mit einem Dreiachs-Kranwagen der Rohrverlegefirma transportiert. Als der einmal, voll beladen mit großen Gussrohren, auf seinem Weg von Hofstetten nach Böhmfeld im Morast stecken blieb, machte ihn Metzgermeister Michael Pauleser mit seinem Traktor wieder flott. (Dieser) Pauleser sei in jungen Jahren so kräftig gewesen, sagte Meyer, dass er ein 6 Meter langes schweres Gussrohr allein tragen konnte
Da es vor 50 Jahren noch keine Buslinie nach Ingolstadt gab, habe Pauleser Ortsbewohner, die sich nicht zu Fuß oder mit dem Fahrrad auf den Weg machen wollten oder konnten, auf seinen Viehanhänger geladen und sie für 1,00 DM pro Person mit dem Traktor nach Ingolstadt gefahren. Es gab zur damaligen Zeit nur 3 Motorräder in Böhmfeld. Eines davon, eine Horex, besaß Bürgermeister Johann Bauer, der im Kotterhof seinen Wohn- und Amtssitz hatte.